Samstag, 29. November 2008

Begegnungen

Ich hatte ja versprochen mal was über die positiven Seiten meines Jobs zu schreiben. Wenn man so von Tür zu Tür geht muss man auch Lokalitäten betreten, die auf den ersten Blick keinen Aussicht auf Erfolg versprechen. Ich spreche also mit jedem Fleischer, jeder Fischverkäuferin und jeder Reinigungsangestellten. Gerade ältere Leute neigen dazu mich für verrückt zu halten, wenn ich sie in ihrer seit Jahrzehnten unveränderten Lebenssituation nach Fremdsprachen frage. Aber es ist so schön von diesen Menschen überrascht zu werden. Immer wieder treffe ich ältere Leute die deutsch sprechen, weil sie jahrelang in Fabriken im Schwarzwald gearbeitet haben. Ich habe ein Mädchen meines Alters getroffen die spanische Eltern hatte, aber in Hof aufgewachsen ist. Als ich ihren Akzent hörte, wäre ich ihr gern um den Hals gefallen. Die bis jetzt wohl beeindruckendste Begegnung hatte ich in La Coruña bei einem Herrenschneider. Etwas unmotiviert trat ich in eine fast antike Herrenschneiderei ein, mit der Erwartung nahezu auf dem Absatz wieder kehrt zu machen. Der Herr war jedoch sehr erfreut über meinen Besuch, denn er sprach neben Französisch, Portugiesisch und anderen Sprachen auch recht perfekt Deutsch. Ich konnte ihm also eindeutig nichts verkaufen, aber mir viel ein altes Grammophon in perfektem Zustand auf. Als ich ihn danach fragte, erklärte er mir nicht nur ausführlich, wie er das gute Stück selbst restauriert hat, sondern begann auch direkt mit einer kleinen Vorführung. In diesem Zusammenhang stellte sich dann heraus, dass er auch Violinist ist und lange Zeit in einem Orchester gespielt hat. Sein hervorragendes Deutsch glänzte mit Vokabeln wie „Kammermusik“ und Fotos aus der Jugend gab es auch zu sehen. Mit all diesem Wissen in seinem Kopf scheint er doch sehr gerne Schneider zu sein, denn er gab das Orchester auf, als es ihm keine Zeit mehr lies Maßanzüge herzustellen.

Das schöne an meinem Job ist, dass ich mir für solche Leute Zeit nehmen kann und ihnen einfach eine Weile zuhören kann. Dank solcher Begegnungen halte ich meine Motivation aufrecht und stecke die nächsten 20 Begegnungen mit Fremdsprachenignoranten locker weg.

Nach einem weiteren Arztbesuch und noch mehr Antibiotika bin ich wieder einigermaßen hergestellt. Allerdings hab ich Mariano angesteckt. Er hatte erst Fieber und jetzt die Probleme mit dem Hals. Jetzt muss ich mich in acht nehmen, damit ich mich nicht erneut bei ihm anstecke, sonst wird das ein Dauerkreislauf.

Freitag, 21. November 2008

System contra Gesundheit

Jetzt muss ich doch wieder was unangenehmes erzählen, anstelle der lustigen Arbeitsgeschichten. Ich war nämlich nur am Montag arbeiten und seit dem lag ich hauptsächlich im Bett und hab mich von Antibiotika ernährt. Mir blieb natürlich nichts anderes übrig, als mein „heißgeliebtes“ spanisches Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen. Viele von euch wissen, dass meine Erfahrungen damit nicht allzu gut sind. Auch diesmal lief das Ganze nicht ideal. Immerhin lief in der Notaufnahme alles gut, ich musste nicht ewig warten (es war aber auch vor 8 Uhr Morgens) und ich wurde vernünftig untersucht. Die Probleme begannen erst als ich eine Krankschreibung wollte. Diese werden nicht im Krankenhaus ausgestellt, sondern ausschließlich vom Hausarzt. Also hab ich mich auf den Weg ins Gesundheitszentrum gemacht. Leider konnte man mir dort nicht helfen, weil mir kein Hausarzt zugeteilt wird solange ich keine Gesundheitskarte habe. In meiner Naivität dachte ich es sei ausreichend in die Krankenversicherung einzutreten und zu zahlen. Nachdem man in die Krankenversicherung eingetreten ist, muss man eine Gesundheitskarte beantragen. In meinem Fall muss ich mich auch noch vorher im Rathaus anmelden. Auch hier hab ich die spanische Bürokratie unterschätzt, als ich es für ausreichend hielt mich als Einwohnerin Spaniens anzumelden und meine Adresse anzugeben. Ich muss mich extra nochmal in Santiago anmelden. Also zusammenfassend: ohne Anmeldung in Santiago kein Antrag für eine Gesundheitskarte, ohne diese kein Hausarzt und ohne den keine Krankschreibung. Ich war mal wieder ziemlich wütend aufs System, einfach unglaublich in der Krankenversicherung zu sein und wegen blödem Papierkram wird man nicht krank geschrieben. Mariano hat mich davor gerettet diese Wut irgendwann an braven Beamten auszulassen. Er hat den ganzen Papierkram übernommen und seit heute sind wir beide im Besitz der besagten Gesundheitskarte, beim nächsten Mal kann ich also offiziell zu Hause bleiben. Zum Glück scheint mein Arbeitgeber sehr vernünftig zu sein, sowohl die Sekretärin, als auch meine Chefin meinen das sei kein Problem.
Inzwischen ist das Fieber weg, ich kann fast wieder schlucken und auch atmen. Ich hab 2 ½ Tage fast nur geschlafen. Allerdings ist Mariano ein sehr strenger Krankenpfleger und hat mir auch nichts anderes erlaubt. Jetzt hab ich noch das Wochenende um wieder fit zu werden, damit ich am Montag wieder den ganzen Tag laufen und Leute bequatschen kann.

Montag, 17. November 2008

Mitarbeiterkontrolle

Ich hab zwei etwas anstrengende Wochen hinter mir. In Santiago zu arbeiten war leider anstrengender als erwartet. Zum einen weil meine drei Jungs Probleme haben selbständig zu arbeiten und zum anderen weil ich ein bisschen krank war. Meine schlechten Erfahrungen mit spanischen Ärzten sind eine große Hemmschwelle und auch in diesem Fall hab ich lediglich eine Apotheke aufgesucht. Meine merkwürdige Krankheit hieß wahrscheinlich Freizeitvirus, denn sie äußerte sich hauptsächlich Abends. Ich war also tagsüber einigermaßen fähig zu arbeiten und die Magenschmerzen hielten sich in Grenzen. Abends hatte ich dann erhöhte Temperatur und Lust zu kotzen. Naja, ein Wochenende auf dem Sofa wirkt Wunder.

Die Woche in Valladolid war noch schlimmer. Die Jungs haben sich damit beschäftigt zu spät zu kommen, Stadtpläne zu verlieren, außerhalb ihrer vorgegebenen Zone zu arbeiten und ähnliches. Dazu kam, dass die Leute in Valladolid reichlich wenig Interesse an Sprachen haben und wir deswegen kaum Termine bekommen konnten. Wir hatten aber wenigstens in einem Punkt Glück, die wenigen Termine hatten relativ viele Verkäufe zu verzeichnen, so dass die Chefin trotz allem recht zufrieden war. Außerdem hat mir Marta, meine Chefin, mitgeteilt, dass ich offieziel Chefin für Öffentlichkeitsarbeit in Galicien werde und einen anderen Vertrag bekomme. Ich bin positiv überrascht, ich dachte ich mache weiterhin die Chefin ohne dafür Geld zu sehen. Allerdings haben wir noch nicht über die Konditionen geredet, wahrscheinlich bekomme ich dann 20 Euro mehr ;-) Da ich nicht weiß, wann die ganze Sache offiziell wird, hab ich den Jungs noch nichts gesagt und so kommt es zu schockierenden Szenen. Einer der Jungs trinkt Anis Schnaps schon zum Frühstück und alle drei rauchen Tüte in meiner Anwesenheit, jetzt hab ich sie alle in der Hand, ein Wort zu Marta und ich bin die drei los. Das kann ja noch lustig werden. Ich hoffe nur, dass es diese Woche besser läuft mit den Terminen.

Privat kann ich leider nur sagen, dass ich immer noch niemanden in Santiago kenne. Die Tanzschule hat leider am Wochenende nichts was mich interessiert und ich vermute mal, dass die Sprachenschule mir galizisch nicht unbedingt am Sonntag beibringen will. Am Montag werde ich mich über Yoga informieren, obwohl ich nicht sicher bin, ob das was für mich ist.

Beim nächsten Mal schreib ich euch dann mal was positives über meinen Job, ich will ja nicht immer nur meckern.

Sonntag, 2. November 2008

Beförderung

Was soll ich sagen, nach einer Woche bin ich schon Chefin. Am Montag hab ich allein gearbeitet und das hätte ich gerne länger gemacht. Doch seit Dienstag bin ich die Ausbilderin von 3 Jungs. Irene konnte diese Woche leider nicht kommen und so musste ich die Neulinge ganz allein einarbeiten. Die Jungs sind in Ordnung, aber privat würde ich mich mit keinem von ihnen abgeben. Manuel, 25, Studienabbrecher, trägt ausgewaschene schwarze Klamotten, die leider nicht richtig sauber sind und hat einen miesen Haarschnitt, außerdem raucht und ißt er gleichzeitig. Diego Schullenberg, 25, hat einen deutschen Vater, kann aber kein Wort deutsch, dafür hat er ein ausgeprägtes Ego, ist Kettenraucher und ein typischer Vertreter. Joaquin, 33 aus Sevilla, war vorher Elektriker und kann home english nicht aussprechen. Und ich erlaube mir zu behaupten, dass keiner von den dreien vernünftig Englisch kann.
Ihr werdet euch über mein hartes Urteil und so viele Äußerlichkeiten vielleicht wundern, aber schließlich sind wir für die Öffentlichkeitsarbeit eingestellt und repräsentieren eine Firma.
Naja, normalerweise bekommt man die Kopie mit dem was man sagen soll, übt ein paar mal trocken und hört und sieht dann einen Vormittag lang der Ausbilderin bei der Arbeit zu. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich nicht mit drei Leuten hinter mir in die Geschäfte gehen kann, wir bauen uns zu viert vor den Leuten auf und aus dieser Mauer heraus fragt einer, ob jemand Englisch lernen will. Ich bin also jeweils mit einem rein gegangen und die anderen mussten warten und nach ziemlich kurzer Zeit hab ich dann zwei allein losgeschickt. Learning by doing. An dem Tag kam ich fix und fertig zu Hause an. Den Rest der Woche musste ich vor allem Joaquin helfen, der sich am Anfang gar nicht getraut hat und jetzt so langsam die Nervosität verliert. Diego denkt er kann schon alles, aber immerhin konnte ich ihn davon überzeugen, dass er die Leute nicht unter Druck setzt. Es nützt ja nichts, wenn wir den Leuten die Termine mit Gewalt aufzwingen und sie dann den Vertreter gleich wieder weg schicken. Manuel geht jetzt schon ein bisschen mehr auf die Leute ein und schüttet sie nicht mehr mit Argumenten zu ohne sie zu Wort kommen zu lassen. Obwohl ich von den Jungs nicht besonders überzeugt bin, denke ich das sie ihren Job jetzt einigermaßen machen.
Ab Montag hab ich dann das Glück in Santiago zu arbeiten, dann kann ich mich wenigstens in der Mittagspause von den Jungs befreien. Außerdem kann ich länger schlafen und bin eher zu Hause. Ich denke das wird eine angenehm ruhige Woche. Die Woche danach werden wir allerdings nach Valladolid geschickt, das heisst ich muss eine mehrstündige Autofahrt mit drei Rauchern und schlechter Musik überstehen. Dann muss ich 4 Nächte in einem Hotel übernachten und mir meine Arbeitskollegen nach der Arbeit vom Hals halten. Klingt bis jetzt noch nicht so verlockend, aber ich versuche optimistisch zu bleiben.