Mittwoch, 29. Oktober 2008

Geschwindigkeitsschwierigkeiten

Da ich nicht täglich 9, 90 Maut bezahlen möchte, fahre ich Landstraße. Dabei hab ich ein kleines Problem: Ich weiß fast nie wie schnell ich fahren darf. Es gibt keine generelle 50 im Ort Regel und die Beschilderung ist äußerst verwirrend. In mehreren Dörfern steht kurz nach dem Ortseingang ein 50 Schild, eigentlich ein klare Sache, aber am Ortsausgang steht ein Schild „70 aufgehoben“. Wie soll ich das interpretieren, wenn ich doch vorher gar nicht 70 fahren durfte? An einer anderen Stelle steht ein 50 Schild und kurz danach ein blaues 70 Schild, ich muss also 50 fahren, aber mir wird empfohlen 70 zu fahren? Ich habs mit Imitation versucht, aber ich hab so den Eindruck, dass die anderen Autofahrer auch keine Ahnung haben und dies durch verschieden Taktiken lösen: Einige fahren einfach prinzipiell zu schnell und kommen auch mal auf 120 auf der Landstraße und die anderen fahren immer zwischen 70 und 80, weil das nicht völlig falsch sein kann. Jetzt vertrau ich erstmal darauf, dass auf der Strecke nicht oft geblitzt wird.

Sonntag, 26. Oktober 2008

Woche 1

Ja, ich hab tatsächlich die erste Woche überlebt. Und wenn ihr schon auf dieser Seite gelandet seit, interessiert euch wohl auch wie mein neues Leben aussieht.

Zuerst mal fahre ich mindestens 130 km am Tag nur um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, dabei konsumiere ich Biodiesel und bin somit mitverantwortlich für die gestiegenen Preise für Mais. Außerdem trage ich jetzt Blusen und Blazer und denke darüber nach mir eine schwarze Lederhandtasche zu kaufen. Nicht so einfach passend angezogen zu sein, um sowohl Bankdirektoren als auch Kellnerinnen zu bequatschen. Meine Aufgabe besteht darin in jedes Geschäft, jede Bank, jede Cafeteria etc. zu gehen und die dort arbeitenden Menschen davon zu überzeugen, dass sie am nächsten Tag einem Vertreter zuhören wollen. Ich leiste also ein bisschen Vorarbeit, damit der Vertreter nur Leute bearbeiten muss, die zumindest ein grundsätzliches Interesse an Englischkursen haben. Natürlich bin ich nicht einfach los marschiert und hab auf die Leute eingeredet. Diese Woche erhielt ich die versprochene „professionelle“ Ausbildung. Meine Ausbilderin heißt Irene, ist fünf Jahre jünger als ich, verheiratet mit einem Iraner und hat zum Islam konvertiert. Sie macht den Job seit Anfang Sommer. Zuerst hab ich gelernt, dass man Morgens nachdem man kurz im Büro vorbei geschaut hat, erstmal Frühstücken geht. Dann habe ich eine dreiseitige Fotokopie bekommen mit der Überschrift „Speech“ auf der steht, was ich ungefähr sagen muss und was ich auf keinen Fall sagen darf. Danach sind wir in einem Einkaufszentrum losgezogen, ich habe Irene bei der Arbeit zugehört und nett gelächelt. Dummerweise lief es ausgerechnet an meinem ersten Tag echt mies und ich fand es ziemlich deprimierend nach ca. 30 Läden nur mit Absagen dazustehen. Ich hatte also nichts zu verlieren und habs selbst mal versucht. Nach der Hälfte des Gesprächs blieb ich hängen und hab mich nicht getraut den Vertreter ins Gespräch zu bringen, Irene ist eingesprungen und wir haben den Termin bekommen. Am zweiten Tag lief es nicht viel besser, weil die Chefin uns in ein Stadtviertel geschickt hat, wo es hauptsächlich ältere Leute gab, die noch nie auf die Idee gekommen sind Sprachen zu lernen. Am dritten Tag lief es dann endlich gut und wir haben schon am Vormittag 4 Leute überredet, davon hab ich zwei praktisch allein gemacht. Nach diesem Erfolg hat Irene beschlossen, dass wir Nachmittags nicht mehr arbeiten. Am Freitag hab ich ganz allein die Daten (so nennen wir das, wenn wir jemanden überredet haben, weil wir dann Name, Telefon und so bekommen) eines sehr ernsten Bankdirektors bekommen. Am Montag darf ich dann hoffentlich alleine arbeiten.

Natürlich ist ewiges Klinkenputzen kein Traumjob, aber so schlecht ist es auch nicht. Man kommt mit vielen Leuten ins Gespräch, hört halbe Lebensgeschichten oder wird mit unerwarteten Sprachkenntnissen überrascht. Eine Cafeteria Besitzerin konnte deutsch, weil sie 15 Jahre in einer Fabrik im Schwarzwald gearbeitet hat. Aber wir sind auch schon auf Japanisch und Arabisch gestoßen. Eine junge Frau meinte sie hasst deutsch und Irene war so nett sie völlig rot werden zu lassen, indem sie meine Herkunft preisgab. Oft überrascht auch das Mitteilungsbedürfnis von privaten Details, so kann man auf die Frage nach Englischkenntnissen durchaus erklärt bekommen wie viele anerkannte und nicht anerkannte Kinder ein Kellner so hat. Außerdem hab ich schon eine marokkanische Seifenschale geschenkt bekommen.

So ist der Job also bis jetzt ganz OK, jetzt muss ich nur noch hoffen, dass die Vertreter auch was verkaufen, sonst verdien ich nämlich sehr wenig.

Samstag, 18. Oktober 2008

Neues Leben nach 3 Tagen

In letzter Zeit hab ich nicht geschrieben was ich so mache, weil ich eigentlich nix gemacht hab und keine Ahnung hatte was ich so machen werde. Das hat sich seit Mittwoch morgen schlagartig geändert. Aber jetzt mal von vorn:

Ich bin nach Deutschland zurück gekommen in der Hoffnung auf einen Job als Moderatorin bei Werbeveranstaltungen für Reisen. Leider hat sich die Firma nie wieder gemeldet und die Frau am Telefon hatte keine Ahnung. Also konnte ich nur zum Arbeitsamt gehen oder zurück nach Spanien fliegen. Es wird wohl keinen wundern, dass ich letztere Option gewählt habe und seit Dienstag wieder in Spanien bin. Mein Plan war es fleißig Bewerbungsschreiben zu verfassen, die Zeit mit Mariano zu genießen und den Versuch zu unternehmen seine Wohnung zu retten. Außerdem gab es noch einige Nebenprojekte wie Sprach- und Tanzkurse. Letzteres um der Bewegung Willen und um Leute kennen zu lernen. Aber aus all dem wird wohl nichts. Seit Mittwoch Morgen ging alles sehr schnell und ich versuch es hier mal genauso schnell wiederzugeben:

Mittwoch

10:00 Telefonat und Einladung zum Bewerbungsgespräch

12:00 Bewerbungsgespräch in La Coruña (70km)

Donnerstag

07:00 aufstehen

07:20 Haus verlassen

07:45 anstehen vor einer Behörde

08:30 Wartenummer erhalten (Nr. 12)

11:00 Anmeldung als dauerhafter Einwohner Spaniens

12:30 ZUSAGE JOB!!!

13:00 Konto eröffnen

Freitag

09:00 Anmeldung bei der Sozialversicherung (echt schnelle Behörde)

13:45 Vertrag unterscheiben

Tja, es war schön vier Wochen ein bisschen aus dem System zu fallen, an keinem Vertrag zu hängen und zu keiner Behörde zu rennen. Jetzt bin ich Ausländer Nummer X09782698Q (ohne diese Nummer kann ich höchstens noch Brot kaufen), habe eine Sozialversicherungsnummer, eine neue Kontonummer und einen 3- jahres Arbeitsvertrag.

Jetzt bin ich Mitarbeiter bei home english und arbeite im Team Öffentlichkeitsarbeit. Die Firma bietet Fernkurse für Englisch, Deutsch und Französisch an. Der Begriff Öffentlichkeitsarbeit ist eher beschönigend, denn in Wirklichkeit bin ich eine Art Vertreterin, allerdings ohne etwas zu verkaufen. Ich werde mich um die Kontaktaufnahme mit kleinen und mittleren Firmen kümmern und mein Ziel ist es, den eigentlichen Vertretern Termine bei diesen Firmen zu verschaffen. Also eine Art Kontaktaufnahme, um den Vertretern das Leben leichter zu machen.

So schnell einen festen Vollzeitjob zu finden übersteigt all meine Erwartungen und Sprachkurse sind durchaus etwas, das ich vertreten kann.

Am Dienstag geht die Schulung los. Kann ja nicht schlimmer werden als in Zaragoza.